Ausgangssituation & Kontext

Gemeinsame Herausforderungen:
Kontext des Projekts

Karte GrossregionDie Großregion als grenzüberschreitende Einheit hat eine wechselhafte Geschichte von 'Erbfeindschaften' und Kriegen, aber auch eines beispiellosen Prozesses der Annäherung, Aussöhnung und Entwicklung freundschaftlicher Nachbarschaft.

Bei allen (wirtschaftlichen) Unterschieden gibt es auch eine Gemeinsamkeit: einen wirtschaftlichen Rekonversionsprozess aus der Schwer- & Montanindustrie, sowie der mineralischen Baustoffgewinnung in die 'postindustrielle' Gegenwart.

Insbesondere die Schwer- & Montanindustrie verortet(e) sich in grenzüberschreitenden räumlichen Clustern (z.B Südluxemburg-Nordlothringen, lothringisches Kohlebecken-saarländische Hüttenstraße), mit einem signifikant starken gegenseitigen Bezug wirtschaftlich, in der Bevölkerung und kulturell.

Dieser Rekonversionsprozess verläuft in einem Raum, der geographisch überschaubar ist und daher grundsätzlich eine tagesbezogene Mobilität zulässt. Wenn Dieser Rekonversionsprozess auch sehr unterschiedlich verlaufen ist und sich die Wirtschaftskraft in den Teilregionen mittlerweile stark unterscheidet, gibt es jedoch eine Gemeinsamkeit: eine Bevölkerungsschicht, die diese Entwicklung nicht bewältigt hat und als Verlierer dieser Entwicklung, als soziales und wirtschaftliches Prekariat gilt. Es sind vor Allem Menschen, denen es nicht gelungen ist, auf dem lokalen oder regionalen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und mindestens über ein Jahr oder auch bedeutend länger arbeitslos sind. Zu ihnen ‘gesellen sich’ Menschen mit Migrationshintergrund, die wegen mangelnder Schulbildung und/oder Sprachkenntnisse Probleme in der sozialen und beruflichen Inklusion haben.

 

Ausgangssituation

Bislang haben sich in allen Teilregionen Arbeitsverwaltungen, Gebietskörperschaften und soziale Einrichtungen vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen nationalen Gesetze und arbeitsmarktpolitischen Programme parallel und weitgehend getrennt der sozialen, beruflichen und gesellschaftlichen Inklusion dieser Bevölkerungsgruppen und aktuell auch besonders der Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsregionen gewidmet.

Die Erkenntnis, dass es trotz aller Bemühungen in der Großregion nach wie vor einen Sockel verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit gibt, die sich durch die neu hinzugekommenen Flüchtlingsströme vergrößert, und dass deshalb die soziale Eingliederung als Querschnittsthema im Zentrum des Zusammenwachsens (in) der Großregion stehen muss, hat ‚KreaVert‘ zu diesem Aktionskatalog mit der Entwicklung gemeinsamer Strategien dem Erproben von 'good-practice'-Beispielen ermuntert, der eine gemeinsame Antwort auf diese Herausforderungen geben soll. Die gemeinsame industrielle Geschichte, die gemeinsamen Erfahrungen in der Arbeitskultur, aber auch die gemeinsamen Probleme mit Prekariat und Migrationsströmen, andererseits die erwähnte geographische Überschaubarkeit lassen eine gemeinsame grenzüberschreitende Inklusionsstrategie als nötig und sinnvoll erscheinen. Darüber hinaus vermitteln die Begegnungen und Aktionen unseres Aktionskataloges den Teilnehmern, dass auch sie respektierte und willkommene Bürger dieses grenzüberschreitenden Raumes im Herzen von Europa sind und so für sich selbst eine andere Erfahrung machen können, als die Verfechter der Abschottung vermitteln und fordern. Angesichts der Erfolge der Nationalisten ist es hierfür höchste Zeit.

 

Chancen & Möglichkeiten

Begegnungen und Kontakte, insbesondere grenzüberschreitende, sind für Menschen mit geringer Mobilitätserfahrung und mangelnder interkultureller Kompetenz oft angstbesetzt und mit hohen Hemmschwellen verbunden. Begegnungen im geschützten Rahmen der Projektgemeinschaft, sowie vorbereitet und begleitet durch Tutoren der Projektpartner sind eine wertvolle Hilfe, diese Begegnungen (Projekttreffen, Praktikum bei einem anderen Partnerunternehmen) und das gemeinsame Arbeiten und Lernen in gemischten Gruppen der Projektpartner zu ermöglichen und zu fördern.

Die Herausforderung für das KreaVert-Projekt ist es, die drei beschriebenen Zielgruppen im Rahmen seiner Inklusionsstrategie auf einen Integrationsweg zu begleiten (nach dem Grundsatz ‘Hilfe zur Selbsthilfe’) und unter Vermeidung von Konkurrenzen unter diesen Zielgruppen, damit sie gestärkt und ermuntert durch diese gemeinsamen Erfahrungen und versehen mit fachlichem Können und Wissen, sowie mit einer größeren Mobilitätsbereitschaft auch eine Beschäftigungsmöglichkeit in der Großregion ergreifen können.

Die vergleichsweise guten Beschäftigungsmöglichkeiten in den wirtschaftlich stabilen Teilen der Großregion (Luxembourg, Rheinland-Pfalz) bieten hierfür eine gute Grundlage. Die Ziele und Inhalte des Aktionskataloges bieten auch den Teilnehmenden die Möglichkeit zur Verbesserung einer emanzipierten und gesünderen Lebensführung, denn Vielen von Ihnen mangelt es an Grundlagen der gesunden Ernährung und einer von kommunalen Familienhilfe unabhängigen Lebensführung. Diesen beschriebenen multiplen Problemlagen können wir als Projektpartnerschaft nur begegnen, wenn wir gleichermaßen die soziale und die berufliche Inklusion in unseren Aktionen und Aktivitäten berücksichtigen, denn sie bedingen sich gegenseitig.

Die ländlichen Gebiete in der Großregion und die Möglichkeiten der Konzepte ‘essbare Stadt’, sowie ‘Bürger- & Solidargärten’, die die fachliche Grundlage der Projektpartnerschaft sind, bieten unseren Teilnehmenden Zugänge zu regionalen Produkten, die wohnortnah, preiswert und trotzdem ansprechend zubereitet werden können. Zentrale Inhalte des KreaVert-Aktionskataloges sind deshalb auch neben den Fachworkshops die Gesundheitsprävention und gesunde Ernährung.

 

KreaVert und regionales Kulturerbe

Die Verortung des ‚KreaVert‘ Projektes in der grenzüberschreitenden Montan- & Stahlregion gibt unter anderem die Chance, die fast verloren gegangene Tradition der Bergmannsgärten wieder zu beleben und in die Gegenwart zu übertragen. Diese Bergmannsgärten als Möglichkeit für die häusliche Erzeugung von Gemüse, Obst und Kräutern auf engem bis engstem Raum ist ebenfalls ein historischer Beleg für die Möglichkeit einer zumindest teilweisen Autonomie für gesunde Ernährung im privaten und familiären Rahmen.

In unserem Projekt erlernen die Teilnehmenden diese alten Kulturtechniken und können sie Zuhause anwenden, sei es im eigenen Hausgarten oder sei es in Form eines ‚Mikrogartens‘ auf dem Balkon, auf dem Fensterbrett oder in der Baumscheibe vor dem Haus. In diesem Zusammenhang bekommt der Projektname ‚KeaVert‘ – ‚kreativer Umgang mit Grün‘ einen sehr praktischen Bezug. Einen weiteren praktischen Bezug zu alten regionalen Kulturtechniken, die drohen verloren zu gehen, sind die Pflasterarbeiten aus örtlichem Naturstein, mit denen Handelswege, Pilgerwege und Bergmannswege (schwarze Wege) befestigt wurden. Sie existieren heute noch beispielsweise am Naturdenkmal ‘Brennender Berg’ in Saarbrücken-Dudweiler, an der deutsch-französischen Grenze zwischen Saarbrücken und Spicheren und an mehreren Stellen im Saarpfalzkreis. Damit diese alte Kulturtechnik der Wegepflasterung nicht verloren geht und die historischen Relikte erhalten werden können, ist im Aktionskatalog ein Praxis-Workshop ‘historische Pflasterungen’ vorgesehen.

KreaVert:
ein Instrument der sozialen Inklusion

KreaVert’ bietet ein Spektrum sozial inklusiver Dienstleistungen vorwiegend für die beschriebenen Zielgruppen an: ‚Gesundheitsförderung durch gesunde Ernährung‘, ‚Hilfen bei der Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit‘, ‘Verbesserung der (grenzübergreifenden) Mobilität, ‚Unterstützung des lebenslangen Lernens‘, Sie werden in Form eines Aktionskataloges praktisch realisiert. Es sind Aktionen, die nachhaltig den fachlichen, persönlichen und interkulturellen Austausch von Erfahrungen, Kenntnissen und Arbeitspraxis, sowie die Erlernung und praktische Anwendung von fachlichem Kompetenzen durch gemeinsame grenzüberschreitende Workshops und Seminare bei den jeweiligen Partnerunternehmen für Teilnehmer und Mitarbeiter umfassen.

Für die KreaVert-Projektpartnerschaft bietet der KreaVert-Aktionskatalog neben der Verbesserung und Steigerung der Sprach- & interkulturellen Kompetenz im Sinne des lebenslangen Lernens auch für die Institutionen und Ihre Mitarbeitenden selbst die Möglichkeit und Voraussetzung zur weiteren Professionalisierung und zur Verbesserung des Instrumentariums der sozialen und fachpraktischen Arbeit in der Inklusion. So ist KreaVert unser Instrument der sozialen, beruflichen und (inter-) kulturellen Inklusion in der Großregion. Dieses Instrument kann und soll auch anderen vergleichbaren europäischen (Grenz-)Regionen als Modell dienen, es wird deshalb auch in geeignetem Rahmen den BürgerInnen der Großregion, aber auch im europäischen Rahmen vorgestellt und präsentiert.

Das allgemeine Ziel des Projektes ist es, anhand der Aktionen und Aktivitäten eine ‚großregionale‘ Inklusionskulisse zu schaffen durch Förderung der zivilgesellschaftlichen demokratischen Teilhabe, um so die Rolle als emanzipierte/r BürgerIn an- und wahrzunehmen und das Zugehörigkeitsgefühl zur Großregion als einem gemeinsamen Lebensraum zu stärken. Die Förderung der beruflichen Integration geschieht hier durch Erwerb von Fachkenntnissen, Fertigkeiten und letztendlich auch eines Arbeitsplatzes, Verbesserung der individuellen, mentalen und geographischen Mobilität (nicht zuletzt auch durch Sprachkontakte).

Bei der konkreten Durchführung des Projektes geht es im Wesentlichen darum, die Kernaussagen und Anforderungen des spezifischen Zieles 7 im ‚Operationellen Programm von INTERREG V A Großregion ‚verbessertes grenzüberschreitendes Angebot von sozial inklusiven Dienstleistungen und Einrichtungen‘ aufzugreifen und in konkrete Aktionen und Aktivitäten umzusetzen, wobei die soziale Eingliederung, also die Integration und Inklusion als Querschnittsthema den Gesamtrahmen bildet.

 

Lebenslanges Lernen

Viele Menschen aus bildungsfernem Milieu haben gebrochenen Lebensbiographien (gescheiterte Schul- und Bildungsbiographien, Deliquenz, Alkohol- und Drogenproblematik usw). Sie haben oftmals ein gestörtes Verhältnis zum Lernen und reagieren mit Widerstand, Ausweichen und Ablehnung auf Lernsituationen. Hier gilt es, diese Zielgruppe wieder behutsam und mit professioneller Begleitung an Lernsituationen heranzuführen, zum Beispiel, dass sie lernen ohne zu bemerken, dass sie sich in einem Lernprozess befinden. Dieser behutsame und begleitete Prozess bildet die Grundlage dafür, das Lernen (wieder) positiv zu besetzen und so lebenslanges Lernen auch für bildungsferne Menschen zu ermöglichen. Die praxisorientierten Workshops, Seminare und Begegnungen des KreaVert-Aktionskataloges sind genau der passende Rahmen hierfür